Bremervörder Zeitung vom 14.03.2014
„Ideologisch besetzte Politik“
Beim Grogabend der Bremervörder CDU kritisiert Generalsekretär Ulf Thiele die rot-grüne Landesregierung
VON RAINER KLÖFKORN
BREMERVÖRDE. Mit dem Getränk, das dem „Grogabend“ der Bremervörder
CDU den Namen gibt, ist der
Ehrengast der Veranstaltung am
Mittwoch im „Haus am See“ vertraut.
In zweierlei Hinsicht: „Ich bin
der Sohn eines waschechten Seemannes
und ich bin Ostfriese“, verkündete
Ulf Thiele den Zuhörern. Der Generalsekretär
der niedersächsischen
CDU ließ sich aber nicht nur das alkoholische
Heißgetränk schmecken,
sondern auch das zur Tradition gewordene
Sauerfleisch mit Bratkartoffeln.
Mehr noch als die lukullischen
Genüsse standen allerdings Kommunal-
und Landespolitik mit
Mittelpunkt. Der Bremervörder
Parteivorsitzende Marco Prietz
analysierte die neue Situation im
Stadtrat, den Rückblick
auf die Politik der im Vorjahr neu
gewählten Landesregierung überließ er dem Ehrengast. Dessen– wie Thiele selbst sagte – „nicht
ganz unparteiisches Resümee“ ließ sich in einem Satz zusammenfassen:
Die von Ideologie bestimmte
Politik von SPD und
Grünen habe bislang nur für Enttäuschung
gesorgt.
Zum Beispiel bei den Landwirten:
Minister Christian Meyer
(Grüne) umgarne sie bei Veranstaltungen „säuselig und blumig“ und verschleiere damit seine gegen
Familienbetriebe und auf
Spaltung ausgerichtete Politik.
Oder in den Kommunen: Trotz
Kritik aus den eigenen Parteien
seien das Kommunalwahlgesetz
zum unpassenden Zeitpunkt geändert
und mit den Regionalvertretungen
eine überflüssige Behörde
neu geschaffen worden.
Die Besetzung dieser Ämter und
die Abberufung der Polizeipräsidenten
sei nach dem Parteibuch
entschieden worden.
Skeptisch beurteilte Thiele
auch die Regierungsarbeit für die
Küstenautobahn
(A 20).
Der zuständige
Minister Olaf
Lies (SPD) verbreite
Optimismus,
während
die Grünen offen
gegen das „wahnsinnig wichtige Projekt“ (Thiele) kämpften. Er erwarte,
dass Ministerpräsident Stephan
Weil (SPD) seinen Ankündigungen
gerecht werde und sich gegen
den Widerstand seines Koalitionspartners
behaupten werde.
Besonders bedenklich ist für
den 42-Jährigen die rot-grüne
Schulpolitik. Aus ideologischen
Gründen würden die Gymnasien
zu Gunsten der Gesamtschule geschwächt.
Die CDU möchte – im
Gegensatz zur Regierung – auch
weiterhin das „Turbo-Abi“ als Alternative
für leistungsstarke Gymnasiasten
anbieten. Ideologisch
begründet sei auch das Vorhaben
der Koalition, mit der flächendeckenden
Einführung der Ganztagsschule
die Verantwortung für
die Kindererziehung nur noch
den Lehrern zu übertragen. Die
seien damit jedoch überfordert.
Neben Kritik verteilte der
CDU-Generalsekretär aber auch
Lob – an Hermann Luttmann aus
Rotenburg („einer der erfolgreichsten
Landräte in Niedersachsen“)
und an Bremervördes
Ersten Stadtrat Detlev Fischer
(„schätzen Sie sich glücklich,
dass ein so kompetenter und erfahrener
Verwaltungsmann Bürgermeister
werden möchte“). Die
beiden Kandidaten für die Wahlen
am 25. Mai stellten sich danach
den CDU-Mitgliedern und
Gästen des „Grogabends“ vor.
Luttmann schilderte den aktuellen
Stand in der Krankenhauspolitik
und verteidigte die Genehmigung
von Biogasanlagen, während
Fischer für Bremervörde auf
ein „besseres Klima in der Zusammenarbeit“ hoffte. Die „ideologiebelastete
Atmosphäre“ in der
Stadtpolitik müsse aufhören, das
sei Voraussetzung für ein Vorwärtskommen
Bremervördes.
Über den Streit in der Schulpolitik,
die nach dem aktuellen Beschluss
von CDU und Grüne/
FDP im Verwaltungsausschuss
auf einem guten Weg sei, werde
oft vergessen, was sich Positives
in Bremervörde getan habe. Fischer
zählte dazu den Bau der
Justizvollzugsanstalt nach dem
Abzug der Bundeswehr, den Ausbau
der Kindertagesstätten, den
Bau der Umgehungsstraßen und
das Großprojekt Stadtsanierung.
Vita Ulf Thiele
Ulf Thiele, der im nächsten Monat seinen 43. Geburtstag feiern kann,
wurde in Leer geboren und studierte
Betriebswirtschaftslehre. 1987 trat
er der Jungen Union und 1991 der
CDU bei. Der JU gehörte er zuletzt
als stellvertretender Landesvorsitzender
an. Seit 1998 ist er Mitglied
des CDU-Landesvorstandes. Im Dezember
2005 wurde er interimistischer
Generalsekretär, ein Jahr später
wählte ihn die CDU zum Generalsekretär.
Seit 2003 gehört Thiele
als direkt gewählter Abgeordneter
für den Wahlkreis Leer dem Landtag
an. Bei der Landtagswahl 2008 wurde
er erneut direkt in den Landtag
gewählt.
Thiele ist verheiratet, hat zwei Söhne
und lebt in Remels in der Gemeinde
Uplengen im Kreis Leer.
Herrenrunde mit Grog: Das „Bremervörder Nationalgetränk“ gehört – wie der Name schon sagt – zum „Grogabend“ der CDU dazu. Das Getränk genießen
Landrat Hermann Luttmann (von links), Generalsekretär Ulf Thiele, CDU-Kreistagsfraktionsvorsitzender Heinz-Günter Bargfrede, Gemeindeverbandsvorsitzender
Marco Prietz, Erster Stadtrat und Bürgermeisterkandidat Detlev Fischer sowie Kreisvorsitzender und Landtagsmitglied Hans-Heinrich
Ehlen.
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