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Kolumne in der Bremervörder Zeitung am 31. März 2012

Geist und Seele auch gelegentlich  vertikutieren?

Liebe Leserinnen und Leser,

gestern haben wir unseren Rasen im Garten vertikutiert. Es ist eine Maßnahme, die nötig ist, um den Boden zu lüften, Moos und Unkräuter aus der Grasnarbe zu entfernen, den Filz zu durchbrechen und den Rasenpflanzen Raum zum Entfalten und Bestocken zu geben. Es ist eine sehr mühsame Arbeit, die wir uns in früheren Jahren mit dem Handvertikutierer alle 2-3 Jahre angetan haben. Jetzt, mit einem elektrischen Helfer, ist es ähnlich bequem wie Rasenmähen.
Als Mensch und Politiker kommt dann schnell die Parallele zur eigenen Person und den Mitstreitern aus Familie, Partei und Gesellschaft in den Blick. Sind wir nicht auch „eingefilzt“, beengt und durch zähe Vorgaben und Gesetze unserer Freiheit beraubt?     Ist es hier nicht nötig, den Vertikutierer einzusetzen?
Schauen wir unseren Körper an, der durch ständiges Älterwerden auch seine Baustellen und Zipperlein bekommt. Er wird sich freuen, mit dem aufziehenden Frühling in eine   Phase der Erneuerung einzutreten und das Eine oder das Andere vergessen zu machen.
Ebenso sollte der Schrott aus unserem Geist verschwinden, den wir teilweise schon über Jahre mit uns herumschleppen. Wir hängen einigen Sachen nach, weil wir es immer so gemacht und gesehen haben. Wir sind irgendwo noch immer in der Nachkriegszeit und dem Wirtschaftswunder verbunden, obwohl der größte Teil der Menschen dieser Aufbruchszeit längst nicht mehr unter uns ist.
 Aus Deutschland ist Europa geworden, nationale Gefühle kommen höchstens noch auf, wenn wir über den stabilen Euro bei uns  reden. Unsere Verflechtungen europäisch und international haben größere Bedeutung und Auswirkungen als wir langläufig glauben. Es ist für unsere Wirtschaftlage und unseren Lebensstandard schon von Bedeutung, wenn in China der berühmte Sack Reis umfällt. Unser Export klemmt, wenn die Mittelmeerländer Zahlungsprobleme haben und dort der Euro kriselt.
Unser Augenmerk vor der Haustür muss auch entschlackt und neu ausgewuchtet werden. Einem immer komplexen werdenden Bildungsanspruch müssen wir mit einer schrumpfenden Geburtenrate in Einklang bringen. Der Anspruch einer älter werdenden Gesellschaft an die Mobilität bringt Verkehrsplaner in Zugzwang. Die Gesundheitsvorsorge mit der Präsenz von Ärzten auf dem Lande und einer umfassenden Krankenhausversorgung, wiegen künftig ebenso schwer.
Doch auch die Chancen der Region brauchen Platz in unserem Geist. Selten waren unsere Möglichkeiten so extrem groß wie heute und in Zukunft, unseren Raum voran zu bringen. Die Errichtung der JVA in Bremervörde, der Bau der Bremervörder Nordumgehung und die Anbindung an das internationale Verkehrsnetz durch die Küstenautobahn A20 lassen den Nordkreis mit der Nähe zur Küste zu einem interessanten Standort für Gewerbe und Dienstleistung aufwachsen. Regional bringt die zentrale Lage im Elbe-   Weser -  Dreieck ihre eigene Dynamik ins Spiel. Die Nord- Süd- Achse wird in Verbindung mit dem neuen Autobahnanschluss in Elsdorf sehr  schnell an Bedeutung gewinnen und mit der ertüchtigten Eisenbahnlinie das Ihre dazu beitragen. Alles in allem sind es günstige Perspektiven, geben wir diesen Entwicklungen Platz in Körper und Geist, lassen wir das Alte hinter uns.
Übrigens habe ich unserem Garten noch mit zwei Sack Volldünger versucht, etwas Gutes zu tun. Das könnten für unsere gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung staatliche Fördermittel sein, wie z.B. die jetzt verteilte Städtebauförderung. Für dererlei Dinge haben wir örtlichen Politiker uns bei der Landesregierung, dem Bund und der EU einzusetzen.
Ein schönes und befreites Frühlingswochenende wünscht

Ihr Heiner Ehlen

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