Aktuelles aus der Region

zurück

Bremervörder Zeitung vom 22.03.2010

„Eine Brücke über die Oste“


Minister Hans-Heinrich Ehlen (Vierter von links) informierte sich am Samstag über den Fortschritt der Sanierungsarbeiten im Lager Sandbostel. Der Vorsitzende der Stiftung Lager Sandbostel, Karl-Heinz Buck (Mitte) skizzierte den Stand der Baumaßnahmen und deren Finanzierung. Rechts daneben der Dezernatsleiter des Amtes für Landentwicklung Verden, Siegfried Dierken, und Samtgemeinde-Bürgermeister Werner Borchers.
Foto: Zimmering

Minister Hans-Heinrich Ehlen informiert sich im Stalag XB – Gymnasiasten gestalten Gedenktag am 29. April

Von Harm Zimmering

Sandbostel (mg). Die Zeit der Streitigkeiten und Schuldzuweisungen, von gegenseitigen Anfeindungen und starren Fronten ist definitiv vorbei: Die zielstrebige  Arbeit innerhalb der „Stiftung Lager Sandbostel und im Verein Dokumentations- und Gedenkstätte Sandbostel haben  alle Diskrepanzen vergessen lassen und sind auf dem besten Weg, auf dem ehemaligen Gelände des Kriegs- und Gefangenenlagers Stalag XB eine würdige Gedenkstätte zu errichten. Vom Fortschritt der Sanierungsarbeiten des ersten Bauabschnitts überzeugten sich am Sonnabend der Niedersächsische Minister für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung Hans-Heinrich Ehlen.

„Es läuft mir kalt den Rücken herunter, wenn ich heute von Sandbostel aus zum Lagergelände fahre und die noch vorhandenen Baracken bereits von der Straße aus sehen kann“, sagte der Minister. Gleich darauf erfuhr er, dass dieser Umstand dem Auslichten des Baumbestandes nördlich des Lagergeländes zu verdanken sei.
„Das Beseitigen von überflüssigem Baumbestand wurde neben vielen weiteren Maßnahmen im Rahmen des Projekts ‚Sicherung und Sanierung der historischen Bausubstanz‛ durchgeführt“, erläuterte Karl-Heinz Buck auf einem gemeinsamen Rundgang durch das Lagergelände, bei dem der Minister von Handwerkern und Architekten, Vertretern von Stiftungen, Selsingens Samtgemeindebürgermeister Werner Borchers und weiteren Gästen begleitet wurde.
Das Projekt sei von Oktober 2008 bis September 2009 gelaufen und hätte primär die Sicherung und Sanierung von sechs früheren Gebäuden des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers umfasst, sagte der Vorstandsvorsitzende der „Stiftung Lager Sandbostel“. Er hob besonders das Engagement von Projektkoordinator Andreas Ehresmann hervor.
Saniert, beziehungsweise teilsaniert worden seien Küchen- und Latrinengebäude und vier hölzerne Unterkunftsbaracken, erklärte Karl-Heinz Buck. Außerdem sei das Gelände bearbeitet, ein Kunstrasen eingesät sowie ein neuer Zaun gezogen worden. Diese Maßnahmen hätten rund 450.000 Euro gekostet. Diese Summe sei von mehreren Geldgebern getragen worden.
Im Rahmen ihres Programms „Erhaltung von Kulturerbe“ flossen 200.000 Euro aus Geldmitteln der Europäischen Union. 67.500 Euro hat das Landesamt für Denkmalschutz beigesteuert. Mit jeweils 40.000 Euro beteiligten sich der Landkreis Rotenburg (Wümme), die Samtgemeinde Selsingen und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Weitere 40.000 Euro kamen von der Niedersächsischen Sparkassenstiftung und der Stiftung der Sparkasse Rotenburg-Bremervörde. 20.000 Euro flossen aus der Kasse der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten.
„Ich bin froh darüber und äußerst dankbar dafür, dass die Arbeiten zur Errichtung einer würdigen Gedenkstätte endlich angelaufen sind“, sagte Minister Hans-Heinrich Ehlen. Habe man sich früher „die Köppe eingeschlagen“, zögen heute alle gemeinsam an einem Strang. „Wir hatten auch großes Glück mit unseren Moderatoren Hans-Wilhelm Hastedt und Horst Rademacher“, erinnerte Ehlen an die schwierigen Gespräche im früher frostigen Umfeld der kontroversen Auseinandersetzungen auf Gemeinde- und Kreisebene. Der ehemalige   Superintendent und der frühere Regierungsschuldirektor hatten in vielen Gesprächen mit allen Beteiligten bekanntlich die Wege für einen tragenden Konsens geebnet.
 „Es ist auch gut, das die Finanzierung auf Stiftungsebene läuft und nicht von der Samtgemeinde angeschoben werden musste“, resümierte Minister Ehlen. „Es sind für Sandbostel Mittel zur Verfügung gestellt worden, die überwiegend aus Niedersachsen kamen“. Und der Bund öffne seine Schatullen eben nur dann, wenn das Land seine Bereitschaft zur Kofinanzierung gezeigt habe. Ehlen dankte allen Beteiligten für die geleistete Arbeit. Dennoch warnte er: „Es gibt noch jede Menge zu tun, bis eine Gedenkstätte in der gewünschten Form fertig gestellt werden kann. Jetzt müssen wir alle gemeinsam in die Hände spucken und kräftig in die Speichen greifen, damit wir das Projekt zu einem guten Ende bringen“.
Karl-Heinz Buck richtete einen Appell an alle, die der Errichtung einer Gedenkstätte positiv gegenüberstehen: „Auch wenn wir jetzt einen Betrag von rund 1,2 Millionen Euro von Bund, Land und Landkreis zugewiesen bekommen, dürfen wir nicht vergessen, dass diese Gelder projektbezogen sind. Also sind wir auch weiterhin auf Spenden angewiesen“.
An dem Rundgang über das Lagergelände nahmen am Sonnabend weitere Gäste teil. Von der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg kam der französische Verbindungsoffizier Colonel Norbert Zorn, der zurzeit mit Schülerinnen und Schülern des Gymnasium Othmarschen sowie vom Hamburger „Lycée Français“ das Projekt „Eine Brücke über die Oste“ vorbereitet, mit dem die Mädchen und Jungen gewissermaßen „durch die Lupe der Geschichte des Lagers Sandbostel Stalag XB die Geschichte des 2. Weltkrieges beleuchten“  wollen.
Das Ergebnis ihrer Arbeit werden die Schüler der Öffentlichkeit während der Gedenkfeier am 29. April zum Jahrestag der Befreiung des Lagers vorstellen. Karl-Heinz Buck: „Die Gedenkfeier wird in diesem Jahr anders gestaltet als sonst üblich. Es werden nur kurze Reden gehalten. Zu Wort kommen vielmehr neben den Schülerinnen und Schülern unter anderem ehemalige Häftlinge und auch Befreier des Stalag XB“. Stiftung und Gedenkstätte hoffen deshalb in diesem Jahr auf eine besonders große Besucherzahl.

zurück