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Kolumne in der Bremervörder Zeitung am 12.03.2005

Der Strom kommt aus der Steckdose

Woher auch sonst. Aber bis der Strom beim Endverbraucher angelangt ist, hat er eine weite Reise hinter sich. Er kommt aus Kohle-, Gas- oder Kernkraftwerken, wird über Windanlagen, Biogas oder Sonnenkollektoren erzeugt. Dann läuft er über Freileitungen, Umspannwerke und allerlei andere technische Errungenschaften, bis er dann bei uns zu Hause, in den Städten oder in der Wirtschaft für den Betrieb einer Unzahl von technischen Geräten und Licht sorgt.
Mit Strom bleibt das Essen im Kühlschrank kalt und auf dem Herd warm, der Computer summt zufrieden das Lied der Festplatte und der Fernseher verbreitet die neuesten Nachrichten. Unter anderem, dass unsere Bundesregierung den Strom immer ökologischer machen möchte. Da ist ja auch nichts gegen einzuwenden (wenn es denn auch zu bezahlen ist); wissen wir doch alle, dass unsere Ressourcen endlich sind. Auch glauben wir zu wissen, dass der Treibhauseffekt die Erde erwärmt oder abkühlt und wollen ja doch immer gerne etwas für unsere Natur und unsere Umwelt tun. Aber die Natur besteht nicht nur aus Tieren und Pflanzen, sondern auch aus Menschen. Wenn vor 30 Jahren gigantische Industrie- oder Kraftwerksprojekte über die Köpfe der Bevölkerung hinweg geplant worden sind, formierte sich oft zu Recht der Widerstand der betroffenen Bevölkerung, oft sekundiert von Berufenen einer ökologisch-politischen Ausrichtung. Die Letztgenannten nun sind eine Generation später mit allen Kräften dabei, diese Fehler der Gigantomie, auch diesmal unter dem Banner des Wahren und Guten, zu wiederholen. Die Bundesregierung, allen voran ihr Bundesumweltminister Jürgen Trittin, plant auf der hohen See Windkraftanlagen in Gigawattdimensionen in sogenannten Offshorewindparks. Allein 12 000 dieser Anlagen mit einer Einzelleistung von rd. 4,5 Megawatt (oder 4000 Kilowatt) sind dort bereits jetzt von ihm genehmigt und viele weitere und noch größere werden folgen.
Dieser so erzeugte Strom muss aber irgendwie zum Verbrauch in die Ballungsgebiete unserer Republik gelangen. Aber über das Wie und Wodurch, neue Stromtrassen, unterirdische Verlegung, Speichertechnik, scheint man sich in Berlin weniger Gedanken zu machen. Erst einmal kräftig Riesenwindmühlen genehmigen, der Rest wird sich schon irgendwie richten, scheint die Devise von Trittin und seiner Ökolobbys zu sein. Und wie vor 30 Jahren der Kernenergie vorgeworfen wurde, dass die Entsorgung des radioaktiven Abfalls beim Bau dieser Anlagen noch nicht geregelt sei, so wird heutzutage fleißig Windenergie geplant, ohne dass sich Gedanken darüber gemacht wird, wie es denn mit dem Strom auf dem Land weiter gehen soll.
Ökologie beinhaltet eben auch die Wünsche der Bewohner des ländlichen Raums auf eine halbwegs durch Strommasten „unverspargelte“ Landschaft. Sie beinhaltet die Befürchtungen und Sorgen über Verluste der Lebensqualität oder möglicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen von Menschen. Alles dies scheint Berlin egal zu sein.
In Niedersachsen jedenfalls beschäftigen wir uns seit einiger Zeit sehr intensiv mit diesen Problematiken, und wir werden auch nicht locker lassen, nach verträglichen Lösungen für Natur und Mensch bei dem Thema „Stromleitung“ zu suchen und fordern dieses auch von der Bundespolitik. Nur weil eine „politisch korrekte“ Produktion von Strom durch „Windmühlen“ einigen Lobbygruppen gut ins Weltbild passt, muss sie noch lange nicht in unsere Landschaften passen.

Schönes Wochenende!
Ihr Hans-Heinrich Ehlen

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