Hans-Heinrich Ehlen

ehem. MdL & Landesminister a.D.

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Sonntagsjournal der Zevener Zeitung vom 06.09.2015

Gastkommentar: Die Landwirtschaft hat für Niedersachsen eine zentrale Bedeutung

„Wir brauchen keine Agrar- sondern eine Verbraucherwende“

Liebe Leserinnen und Leser, für Niedersachsen als Agrarland Nr. 1 in Deutschland sind der ländliche Raum, die Land- und Ernährungswirtschaft und der Verbraucherschutz von zentraler Bedeutung. Den hohen Stellenwert der Landwirtschaft in unserer Region zeigt auch seit Jahrzehnten die Tarmstedter Ausstellung, die erst im Juli an vier Tagen knapp 100000Besucher anlockte. Mehr Tierwohl, mehr Präzision und mehr Kostenbewusstsein hießen in diesem Jahr die Trendthemen. Wer als Landwirt eine Zukunft haben will, muss sich den wachsenden Anforderungen stellen, nachhaltig arbeiten und in moderne Technik investieren. Den Milchbauern fällt dies angesichts der aktuell niedrigen Milchpreise verständlicherweise schwer. Bei einer Diskussionsveranstaltung des Norddeutschen Rundfunks in Bremervörde kamen am Dienstag viele Gründe für die derzeit angespannte Lage auf dem Milchmarkt auf den Tisch.
In der Öffentlichkeit ist indessen oft von der „Agrarwende“ die Rede. Die Landwirte haben längst erkannt, dass sich hinter diesem wohlklingenden Schlagwort nicht die Lösung verbirgt. Hierbei handelt es sich um eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die ein Umdenken erfordert. Was von einigen politischen Parteien und weiten Teilen der Gesellschaft vehement gefordert wird, können selbst diese inhaltlich nicht klar definieren. Es umfasst ein Sammelsurium an Forderungen, das von den Themen Pflanzenschutz, Gentechnik und Tierwohl bis hin zu Leistungsbeschränkung bei Milchkühen, Massentierhaltung und vieles weitere mehr reicht.
Dabei vergessen einige, dass es nicht unsere Landwirte sind, die vorgeben, was sie anbauen oder produzieren. Landwirte sind Unternehmer, die sich am Markt behaupten müssen. Die Nachfrage der Verbraucher allein bestimmt die Produktpalette, die auf den Feldern und in den Ställen zum Tragen kommt und einen Erfolg für den Landwirt verspricht. Im Klartext heißt das: Der Handel bestimmt die Konditionen und die Bauern produzieren, was der Verbraucher verlangt.
Nun erleichtert im Hinblick auf die Milchpreise auch die große Milchmenge dem Einzelhandel die Preisverhandlungen, aber das ist nur ein Aspekt von vielen. Auch bei anderen Produkten täten die Verbraucher gut daran, gelegentlich ihr eigenes Einkaufsverhalten kritisch zu hinterfragen.
Meinungsumfragen zufolge sind Kunden gerne bereit, mehr Geld für Nahrungsmittel auszugeben. In der Konsequenz landen allerdings doch häufig die günstigsten Angebote im Einkaufswagen. Das veränderte Einkaufs- und Essverhalten spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Die verstärkte Nachfrage nach bereits verarbeiteten und vorbereiteten Lebensmitteln hat verschiedene Gründe. In der Hektik des Alltags wird vermehrt außer Haus in Kantinen und in der Erlebnisgastronomie gegessen, einfache Kenntnisse über Grundnahrungsmittel sind heute nicht mehr selbstverständlich. Der Lebensmitteleinzelhandel ist dabei als Mittler zum Verbraucher anzusehen. Durch gezielte Werbung und Angebote beeinflusst und steuert er das Einkaufsverhalten der Kundschaft.
Es ist daher der falsche Ansatz, ständig auf die produzierende Landwirtschaft zu schimpfen oder ideologisch begründete Nostalgie-Diskussionen zu führen. Die neue Generation der Landwirte sind gut ausgebildete, oftmals studierte, Agrarexperten, denen das Tierwohl sowie der Natur- und Pflanzenschutz am Herzen liegen. Wenn also der Verbraucher etwas anderes oder neues verlangt, werden die Landwirtschaft und das Ernährungsgewerbe diesen Wünschen sehr schnell nachkommen.
In diesem Sinne: Was wir brauchen ist keine Agrarwende, sondern eine Verbraucherwende.


„Wir stehen vor einer gesamtgesellschaftlichen Herausforderung, die ein Umdenken erfordert.“
Hans-Heinrich Ehlen

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