Zevener Zeitung vom 04.09.2014
Jäger gegen kürzere Jagdzeit
Argumentation des Ministeriums ist für den Vorsitzenden Dr. Heinz-Hermann Holsten nicht nachvollziehbar
VON ANDREAS KURTH
ZEVEN. Nach langen Beratungen hat
das niedersächsische Landwirtschaftsministerium
den Entwurf einer
neuen Jagdzeitenverordnung auf den
Weg gebracht. Von den betroffenen
Verbänden hat es im Zuge des Anhörungsverfahrens
bereits erste Kritik
gegeben. Auch Dr. Heinz-Hermann
Holsten, Vorsitzender der Jägerschaft
Zeven, hat gegenüber der Zevener
Zeitung geäußert, dass für ihn viele
der Änderungen nicht nachvollziehbar
sind.
In der Verordnung geht es unter
anderem um die Vogeljagd in
Schutzgebieten. Für die Region
Zeven ist vor allem die Änderung
der Jagdzeiten auf Schalenwild– Rehe, Hirsche, Schweine – von
Belang. Die Jagdzeit auf Rehböcke
soll vom 15. Oktober bis zum
15. Januar verlängert werden.
Gleichzeitig soll die Jagdzeit auf
Schalenwild allgemein vom 31.
Januar auf den 15. Januar verkürzt
werden. „Diese Regelung
berücksichtigt die Umstellung des
Stoffwechsels und den damit verbundenen
Ruhebedarf des Wildes
in der kältesten Jahreszeit. Ein
Vorziehen der Jagd auf Rot- und
Damwildkälber oder Rehkitze
wird aus Tierschutzgründen abgelehnt“,
schreibt das Ministerium
in einer Pressemitteilung.
„Zwar hat es auch in der Vergangenheit
immer wieder mal Änderungen
am Jagdgesetz gegeben,
aber als Begründung für eine Änderung
der Jagd- und Schonzeiten
werden vom Ministerium
nunmehr ‚gesellschaftliche Entwicklungen, ökologische Veränderungen
und rechtliche Vorgaben
des Naturschutzes‘ angeführt.
Dieser Argumentation kann ich
nur sehr schwer und überwiegend
gar nicht folgen“, so Dr. Heinz-
Hermann Holsten.
Neben wenigen positiven
Aspekten gebe es mehrheitlich
Anlass zur kritischen Betrachtung.
Aus regionaler Sicht sei die
geplante Verkürzung der Jagdzeit
auf Rehwild – künftig bis zum 15.
Januar – zu nennen, auch wenn
die Jagdzeit für Rehböcke ebenfalls
bis zu diesem Datum ausgeweitet
werden solle. „Letzteres
soll wohl lediglich einer Legalisierung
etwaiger Schonzeitvergehen
bei Drückjagden dienen. Diese
Regelung ist aus meiner Sicht
nicht notwendig, aber auch nicht
schädlich. Sie führt aber mit Sicherheit
zur Frage, wie zukünftig
die vorgesehenen Hegeschauen
gesetzeskonform gestaltet werden
können.“
Die geplante Verkürzung der
Jagdzeit beim Damwild sei vor
dem Hintergrund steigender Besatzdichten
nicht nachvollziehbar.
Hinterfragen dürfe man das
gleiche Vorgehen beim Schwarzwild,
zumal auch in der Jagdwissenschaft
und unter Jägern eine
richtige Bejagungsstrategie für
diese Wildart noch umstritten sei. „Angesichts der aktuell bedrohlich
näher rückenden, pro Jahr
um durchschnittlich 300 Kilometer
westwärts wandernden Afrikanischen
Schweinepest scheint es
nur noch eine Frage der Zeit,
wann es bei uns für die schweinehaltenden
landwirtschaftlichen
Betriebe und ihre nachgelagerten
Bereiche – Futtermittelindustrie,
Schlachthöfe und andere – zu einer
landesweit katastrophalen
Entwicklung mit Schäden in Milliardenhöhe
kommen wird.“
Höhere Schäden zu erwarten
Eine zeitlich uneingeschränkte
Bejagung aller Altersklassen beim
Schwarzwild, unter Berücksichtigung
ethischer und tierschutzrelevanter
Aspekte sollte darum nach
Meinung von Holsten nicht ausgeschlossen
werden. „Einschränkungen
der Jagdzeiten haben
nicht nur Auswirkung auf unsere
Jagdausübung, sondern könnten
durch möglicherweise zunehmende
Schäden an landwirtschaftlichen
Kulturen bei den Jagdpächtern
zu erhöhten Regressansprüchen
führen.“
Die Notwendigkeit der wichtigen
Bejagung aller Beutegreifer
zum Schutz von Rebhuhn, Kiebitz
und anderer Wiesenvögel
werde zwar im vorliegenden Entwurf
betont, doch gleichzeitig
möchte man die Jagd auf den
Dachs – bei stark wachsender Population – einschränken. „Insgesamt
gäbe es zu vielen Aspekten
etwas zu sagen, die die unausgereiften,
nicht praxisgerechten und
teilweise fachfremden Vorstellungen
des grünen Landwirtschaftsministers
zeigen. Die für einen
späteren Zeitpunkt
in dieser
Legislaturperiode
angedachte
Novellierung
des Landesjagdgesetzes
lässt,
auch im Hinblick
auf die
Forderungen
und Positionen
des NABU und anderer mit der
jetzigen Jagdausübung fremdelnder
Verbände – zur Jagd, für mich
nichts Gutes ahnen“, so Dr.
Heinz-Hermann Holsten abschließend.
Im Landkreis Rotenburg wird mit Abstand das meiste Damwild in Niedersachsen
erlegt. Die Jagdzeit soll jetzt – wie für alles Schalenwild – durch
einen neue Verordnung des Landwirtschaftsministeriums vom 31. auf den
15. Januar verkürzt werden. Foto DJV zurück |