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Zevener Zeitung vom 13. Mai 2006

Spargel, Schnitzel und Subventionen

Mit dem „Minister für Essen und Trinken“ unterwegs an die Basis

- Von Kurt-Peter Christophersen, Büro Hannover-

Hannover/Nordenham. Er ist einer von ihnen, dennoch redet Niedersachsens Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen den Bauern nicht nach dem Mund. Auf seinen Reisen durch das Land muss er sich deshalb gut wappnen gegen Subventionsbegehrlichkeiten und die allgemeine Stöhnerei über das schwere Leben in der Landwirtschaft.

Der 56-jährige CDU-Politiker aus Kalbe im Kreis Rotenburg tritt mit einer Mischung aus jovialer Zuwendung, selbstironischem Witz und bäuerlicher Dickköpfigkeit auf. Auch vier dicht aufeinander folgende Termine wie auf einer Dienstreise durch die Wesermarsch bringen den gelernten Landwirtschaftsmeister nicht aus dem Gleichgewicht.
Der Tag fängt locker an mit der Übergabe des Bundesverdienstkreuzes an einen „passionierten Rinderviehzüchter“ und langjährigen ehrenamtlichen Multifunktionär. Als der Begrüßungsred-ner der Verleihungsfeier sich beim langen Titel des „Minister für den ländlichen Raum, Ernäh-rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz“ verhaspelt, ruft Ehlen dazwischen: „Minister für Essen und Trinken“. Diesen Titel haben ihm Journalisten in Hannover verpasst, die es nicht gerade freundlich mit ihm meinten. Schlitzohr Ehlen benutzt ihn jetzt, um im Publikum Sympathien zu sammeln.
Nach Spargel mit Schnitzel, Schweinemedaillons und Schinken wird es Ernst. In der Versuchs-station für Futterbau und Rindviehhaltung in Infeld bei Nordenham warten Landwirte auf ihren Minister, um von ihm die Erhaltung der Station zu ertrotzen.
Ehlen redet nicht um den heißen Brei herum. Da das Grundstück dem Land gehöre, die Landwirtschaftskammer sie aber betreibe, „werden wir es uns einfach machen und den Empfehlungen der Kammer folgen“. Später macht er den Landwirten wieder Mut: „Die hier gewonnenen Erkenntnisse sind für die Praxis wichtig“.
In der Scheune der Versuchsstation eröffnet der Minister die Diskussionsrunde mit einem lockeren Aufruf: „Sie können alles fragen, auch zu Vogelgrippe und Schweinepest, ich weiß alles“. Aber die Seuchen interessieren an diesem Tag niemanden in der Grünlandregion. Es geht um Förderprogramme, Subventionen, Prämien und Quoten. Der Minister muss nicht ein einziges Mal passen oder bei Einzelheiten auf seine Fachleute im Ministerium verweisen. Von denen ist auch keiner auf der Fahrt dabei. Wahrscheinlich würde ein Ministerialbeamter im Fonds des Dienst-BMW nur stören, wenn Ehlen und sein Fahrer Frank Klindworth sich fröhlich auf plattdeutsch unterhalten.
Nicht immer fröhlich zeigt Ehlen sich in den Gesprächen mit den Bauern. Die Arme vor der Brust verschränkt hört er mit steinerner Miene zu, wenn die Grünland-Bewirtschafter klagen, sie seien „im Vergleich zu den Ackerregionen in der Politik unterrepräsentiert“. Sie schlagen Extra-Prämien für sich vor, die die Benachteiligung ausgleichen sollen. Doch da sind sie beim Landwirtschaftsminister an der falschen Adresse: „Irgendeinem trittst du immer auf die Füße und warum sollen wir uns noch neue Programme an die Hacken binden?“.
Als die Gründlandbauern nicht locker lassen und dem Minister „praktikable Vorschläge“ ankündigen, reagiert Ehlen nicht wie andere Politiker, etwa so: „Ich werde Ihre Vorschläge gründlich prüfen lassen“. Er sagt ganz einfach: „Dat makt man“. Bedeutet auf hochdeutsch so viel wie: Na und?“.
Nachdem er seinen Kollegen noch einige Wahrheiten mit auf den Weg gegeben hat, etwa dass sie lieber auf Bioenergie statt Stilllegungsprämien setzen sollen, machten Klindworth und Ehlen sich auf nach Lilienthal, wo die CDU zum Matjes-Essen eingeladen hat. „Solche Tage sind zwar anstrengend aber auch eine schöne Abwechslung zum Betrieb in Hannover“, sagt Ehlen. Am nächsten Morgen hat ihn die Landeshauptstadt wieder: Kabinettsitzung.

Foto
Weiß alles über die Vogelgrippe, Schweinepest und Grünland-
Bewirtschaftung: Niedersachsens Landwirtschaftsminister
Hans-Heinrich Ehlen.
(Foto: dpa)

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