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Bremervörder Zeitung vom  10. Oktober 2011

Langer Wunschzettel für Minister

Die Sorgen der Landwirte im Moor: Landvolk Bremervörde zeigt Umweltminister Hans-Heinrich Sander, wo der Schuh drückt

Von Thomas Schmidt

Gnarrenburg. Ein straffes Besuchsprogramm hat gestern Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) im Gnarrenburger Moor absolviert. Das Landvolk Bremervörde, das den Minister gemeinsam mit dem CDU-Landtagsabgeordneten Hans-Heinrich Ehlen in die Region eingeladen hat, konfrontierte den Minister mit zahlreichen Themen, die den Landwirten in der Region auf den Nägeln brennen: allen voran mit dem Problem des Flächenverbrauchs durch die Torfwirtschaft.

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Das Gnarrenburger Moor – eine Region im Spannungsfeld unterschiedlicher und hochkomplexer Interessenlagen zwischen Landwirtschaft, Torfindustrie und Naturschutz: Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (Dritter von rechts) lässt sich vom Leiter der Naturschutzbehörde Jürgen Cassier (Dritter von links) die Torfabbaugebiete in Augustendorf und Heinrichsdorf zeigen. Fotos: Schmidt


Der Heinrichsdorfer Landwirt Frank Meyer (links) präsentiert dem Minister seinen modernen Stall.

Wie berichtet, interessiert sich nicht mehr nur das heimische Humuswerk in Gnarrenburg für die Gewinnung des wertvollen Rohstoffs. Zwei weitere norddeutsche Unternehmen, die gemeinsam die Firma „Torfwerk Sandbostel GmbH“ mit Sitz in Borstel im Landkreis Diepholz gegründet haben, wollen vom 1 600 Hektar großen Abbaugebiet im Gnarrenburger Moor profitieren. Das hat erhebliche Folgen auf die Grundstücks- und Pachtpreise. Viele Landwirte können beim Preiskampf im Ringen um die dringend benötigten Pachtflächen nicht mehr mithalten – und fürchten jetzt um ihre Existenzgrundlage.
Landvolkvorsitzender Heinz Korte berichtete dem Minister, dass bereits jetzt Vorverträge für den Kauf von 100 Hektar von der neuen Gesellschaft abgeschlossen worden seien. Und ein Ende sei nicht in Sicht: „Wenn die neue Gesellschaft genug Flächen beisammen hat, wird sie beim Landkreis den Abbau beantragen.“ Landwirten wie dem Heinrichsdorfer Frank Meyer, dessen Hof der Minister gestern auch in Augensschein nahm, drohen jetzt die Pachtflächen auszugehen.
„Damit nicht genug!“, wie der langjährige CDU-Kreistagsabgeordnete, Ratsherr und Landwirt Hinrich Kackmann aus Fahrendorf dem Minister mit auf den Weg gab. Wenn sämtliche abgetorften Flächen wiedervernässt werden, drohe die Zerstörung einer gewachsenen Kulturlandschaft. „Die Menschen, die hier leben, wollen das nicht“, sagte Kackmann mit Blick auf eine drohende „Insellage“ für Dörfer wie Augustendorf.
Das Landvolk Bremervörde, vertreten durch Vorsitzenden Heinz Korte und Geschäftsführer Dr. Hartmut Schröder, gossen den Unmut in konkrete Forderungen: Sie plädierten dafür, dass es nach der Abtorfung eine Folgenutzung durch die Landwirtschaft geben müsse anstatt einer Renaturierung. Korte und Schröder sprachen sich für eine deutliche Reduzierung der für den Torfabbau vorgesehene Gesamtfläche im Raumordnungsprogramm – auch vor dem Hintergrund des Flächenverbrauchs für geplante Projekte in Sachen Straßenbau, Windkraft und Deponie Haaßel aus.
Minister Sander zeigte Verständnis für die Sorgen der Landwirte. „Wenn ein Erlass nicht praktikabel ist, muss man ihn ändern“, machte der Liberale den Landwirten Hoffnung mit Blick auf die Umsetzung des Moorschutzprogrammes des Landes, das die Vernässung der Flächen nach dem Abbau zwar nicht zwingend vorsehe, aber doch als Prioriät nahelege. Es gehe schließlich auch um die Wahrung von Eigentumsrechten, sagte der Minister.
Jürgen Cassier von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises machte sich vor diesem Hintergrund für eine differenzierte Betrachtung des Problems stark. Er könne sich im Raum Gnarrenburg sowohl die Vernässung als auch die weitere Nutzung für die Landwirtschaft vorstellen, wenn an anderer Stelle Kompensationsflächen geschaffen werden, sagte Cassier auf dem Hof von Frank Meyer. „Da müssen sich alle Beteiligten hier vor Ort an einen Tisch setzen.“ Ob das dem Heinrichsdorfer Landwirt hilft, der gerade in einen modernen Stall investiert hat, wird die Zukunft zeigen. „Wohin sollen wir denn noch ganz fahren?“, sagte Meyer mit Blick auf das Problem, vielleicht nur noch Flächen pachten zu können, die weit entfernt vom Hof liegen.
Mit einem langen Wunschzettel der Landwirtschaft fuhr Umweltminister Sander gestern Abend zurück nach Hannover. Mit auf der Liste: Schadenersatz für Landwirte, die von Kranichschäden betroffen sind. Und nicht zuletzt: Die Herausnahme des Grünlandes aus dem Katalog der geschützten Landschaftsbestandteile.


Landvolk-Vorsitzender Heinz Korte (links) und CDU-Landtagsabgeordneter Hans-Heinrich Ehlen (Mitte) haben den Minister ins Moor eingeladen.


Auf dem Historischen Moorhof in Augustendorf überreicht Heinz Korte einen Korb Moor-Kartoffeln und eine flüssige Erinnerung an Umweltminister Hans-Heinrich Sander (vorne, rechts)

 

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