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Kolumne in der Bremervörder Zeitung am 3. Juli 2004

Heraus aus der Schuldenfalle

„Schulden sind Lügen“: Auf diesen kurzen Nenner brachte es unser Ministerpräsident, als er die neuen Sparbeschlüsse des Landes Niedersachsen in den vergangenen Tagen verkünden musste.
Ich kann Ihnen versichern, es macht absolut keinen Spaß, überall durchs Land zu fahren und eigentlich fast allen Projekten finanzielle Abstriche zumuten zu müssen. Aber unsere wirtschaftliche Lage wird immer dramatischer, und es muss etwas passieren. Wir können nicht wie bisher den Kopf in den Sand stecken, wir müssen heraus aus der Schuldenfalle. Derzeit bezahlen die Niedersachsen täglich sieben Millionen Euro Zinsen(!) für die im vergangenen Jahrzehnt verbockten Schulden von 40 Milliarden Euro - eine Privatperson hätte man für so ein Verhalten entmündigt. Betragen die Zinsen für die Schuldenlast im Jahr 2005 schon fast 17 % des Haushaltsvolumens, würden wir im Jahre 2064 bei 100 % angekommen sein, wenn wir so weiter machten. Mit den jetzt zusammengesparten 1,9 Milliarden Euro treffen wir fast jeden Bürger in Niedersachsen, und nicht nur die im öffentlichen Dienst Beschäftigten. Und wir sparen auch an uns selber. Wir werden den Landtag verkleinern, d.h., dass auch Abgeordnete gegen ihren eigenen Job gestimmt haben – wo sonst gibt es so was?

Auch in meinem Ressort wird weiter gekürzt. So werden die Landberatung und die Verbraucherberatung weit weniger Geld bekommen als gewohnt. Auch die bisher recht günstige Betreuung von Kommunal- und Genossenschaftswäldern durch die Landesforst wird teurer werden müssen. Besonders schmerzhaft ist, dass wir auch einige Schulwaldheime werden schließen müssen. Ich weiß sehr wohl, dass es wichtig ist, gerade unserer städtischen Jugend nahe zu bringen, was in Wald und Flur vor sich geht, aber wir haben das Geld einfach nicht mehr. Gerade die jetzt junge Generation wird in den kommenden Jahrzehnten die Zinsen für die von uns Alten gemachten Schulden zahlen müssen. Euro für Euro.

Das Land ist viel mehr „pleite“ als viele glauben mögen. Es ist ja auch ein wenig gegensätzlich: Wenn wir uns so umschauen, stellen wir fest, dass wir in vielen Dingen noch auf einem sehr hohen Niveau stehen. Aber wir müssen uns jetzt mit vielen lieb gewonnenen „Selbstverständlichkeiten“ auseinandersetzen. Was ist unbedingt nötig fürs Gemeinwohl, was wäre schön, zu machen und was braucht nicht sein – das wird in den kommenden Jahren sehr kritisch betrachtet werden. Dazu werden wir auch unsere altbewährten niedersächsischen Tugenden brauchen. Mit Fleiß und Selbstvertrauen müssen wir alle wieder Unternehmer sein, und nicht Unterlasser; das gilt sowohl im Beruf als auch im öffentlichen Bereich. Und wir werden auch als Landesregierung in unseren Maßnahmen konsequenter und robuster werden. Wir sind auf Mitarbeit angewiesen und hoffen, dass wir bei vielen Bürgern eine Flamme des Reformwillens entzünden und Verständnis für die Umsetzung wecken können. Und wo dieses nicht gelingt, werden sich einige auch darauf einstellen müssen, dass wir ihnen „Feuer unterm Stuhl“ machen.

Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, meine Ministerkolleginnen und -kollegen, unser Ministerpräsident Christian Wulff und auch ich werden unser Land aus der Schuldenfalle befreien und bitten herzlich um Ihre aktive Mithilfe.

Hans-Heinrich Ehlen

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