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Kolumne für die Bremervörder Zeitung am 10.04. 2004

Eine gute Eintrittskarte für den Beruf

Mehr als die Hälfte der jungen Leute, die eine Berufsausbildung im gewerblich-technischen Bereich absolvieren, haben vorher einen Hauptschulabschluss gemacht. Obwohl diese Schulform in den vergangenen Jahren systematisch in die Ecke gedrängt wurde, trägt sie weiterhin maßgeblich dazu bei, dass hier junge Menschen am Anfang ihres beruflichen Lebens das notwendige Rüstzeug für eine erfolgreiche Ausbildung bekommen. Die Hauptschule wieder zu einer tragenden Säule des Schulwesen zu machen, hat sich Niedersachsens Kultusminister Bernd Busemann zum Ziel gesetzt. Mit dem in Niedersachsen im Juni letzten Jahres verabschiedeten neuen Schulgesetz bekommt die Hauptschule daher in dem neuen ganzheitlichen Bildungskonzept wieder eine wichtigere Rolle zugeschrieben. Anders als früher ermöglicht ein Hauptschulabschluss neben dem Erwerb der Grundlagen für eine Berufsausbildung mittlerweile auch Weiterbildungsmöglichkeiten bis hin zum Hochschulstudium (z.B. beim Meisterstudi-um). Schülerinnen und Schüler werden in dieser Schulform auf einen erfolgreichen Übergang in die Berufswelt vorbereitet. Durch die Anbindung der Schuljahrgänge 5 und 6 an die Hauptschule eröffnet sich jetzt auch die Möglichkeit einer frühzeitigen und kontinuierlichen Förderung der leistungswilligen Schülerinnen und Schüler. Dazu kommt, dass das Stundenvolumen der Fächer Deutsch und Mathematik erhöht worden ist. Unsere Wirtschaft und die Verantwortlichen für die Ausbildung brauchen Nachwuchs, der lesen, rechnen und schreiben kann, und das auf einem vernünftigen Niveau. Hierzu gehören auch Grundkenntnisse und Fertigkeiten im Umgang mit Medien, insbesondere den Informations- und Kummunikationstechniologien, um hiermit im Beruf kompetent umgehen zu können. Auch sind in den Betrieben neben Bildungsstandards weitere Tugenden gefragt: Ordnung, Zuverlässigkeit, Teamfähigkeit, Leistungsbereitschaft, Durchhaltevermögen, und auch die Fähigkeit, mit Kritik umgehen zu können, sind für die Handwerks- und Produktionsbetriebe unerlässlich. Auch diese Fähigkeiten werden weiter verstärkt an unseren Hauptschulen vermittelt.
Mit der Stärkung der Hauptschule aufgrund des Hauptschulprofilierungsprogramms der Landesregierung hat sich in den zurückliegenden Monaten auf Kreisebene der Arbeitskreis Schule unter dem Vorsitz von Johann-Georg Eule aus Tarmstedt unter Hinzuziehung von Fachleuten aus Schule und Praxis intensiv beschäftigt. Die hierbei erarbeiteten Ergebnisse konnten Eingang finden in die bereits ergangenen und noch in Arbeit befindlichen Erlasse aus dem Kultusministerium für die Arbeit der Hauptschule und den Maßnahmen zur beruflichen Orientierung. Für die hierzu auf den verschiedensten Ebenen geleistete Arbeit ist allen Beteiligten Dank zu sagen, auch wenn Details zur Durchführung von Betriebs- und Praxistagen mit Experten aus dem Kultusministerium und den Verantwortlichen der Hauptschulen und den Berufsbildenden Schulen sowie den Praktikern aus Handwerk, Handel und Dienstleistungen erst in Kürze erörtert werden. In den Schuljahrgängen 8 und 9 sind künftig berufsorientierte Maßnahmen im Umfang von mindestens 60 und höchstens 80 Tagen vorgesehen. Die von der Gesamtkonferenz der jeweiligen Hauptschule festgelegten Maßnahmen sollen durch Kooperationsvereinbarungen mit berufsbildenden Schulen und Betrieben, Jugendhilfe und kommunalen Beratungseinrichtungen oder anderen außerschulischen Partnern eingerichtet werden.
Mittelfristig ist ferner eine Ausweitung des Sozialarbeiter-Programms auf alle Hauptschulen und die Ausdehnung des Ganztagsangebotes vorgesehen. Oberstes Ziel ist bei allen Überlegungen, dass wieder mehr Schüler die Hauptschule mit einem Abschluss verlassen – derzeit haben rund 10 Prozent aller Abgänger leider gar keinen Abschluss – und die Akzeptanz der Hauptschule allgemein zunimmt. Dies gilt insbesondere auch für das Elternwahlverhalten bei den Schullaufbahnentscheidungen, wo vor falschem Ehrgeiz zu warnen ist, wenngleich im Landkreis Rotenburg der Elternwunsch mit 23,8 Prozent für die Hauptschule, 46,2 Prozent für die Realschule und 30 Prozent für das Gymnasium voll im Trend liegt.
Ich denke, mit all diesen Maßnahmen und insbesondere auch der durch die im letzten Jahr vorgenommenen und auch weiterhin vorgesehene verstärkte Lehrereinstellung befinden wir uns auf dem richtigen Weg.

Ein frohes Osterfest wünscht Ihnen

Hans-Heinrich Ehlen

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